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NEUE MUSIK IM FLÄMING

NEUE MUSIK IM FLÄMING

Konzerte, Theater, Workshops und Diskussion im Naturpark Fläming Sachsen-Anhalt

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FREMDBESTIMMT

Konzert am Samstag, 24. September 2022

Fremdbestimmt — Werk / Prozess —

Matthias Lorenz – Violoncello solo

Manche Musikstücke sind eindeutig als Prozess gedacht, andere klar als fertiges Werk. Trotzdem gibt es immer wieder Fälle, in denen etwas, das man für ein fertiges Werk hielt, doch noch verändert wird (kurz nach der Uraufführung oder auch Jahrzehnte später). Und von prozesshaft geplanten Werken gibt es gelegentlich so überzeugende Fassungen, dass sie Werkcharakter verliehen bekommen.

Gibt es den Unterschied zwischen Werk und Prozess überhaupt? Ist Musik als Kunst abseits von vorproduzierter Musik durch die Rolle des Interpreten nicht ohnehin immer Prozess, nie nur Werk? Und was ist mit dem Publikum, das einen Schritt im Prozess so hört, wie es auch ein fertiges Werk hören würde? Macht sich der Unterschied also außer im Programmhefttext bemerkbar? Und wenn ja, wie?
(Matthias Lorenz)

Programm – kuratiert von Benjamin Schweitzer –

Giacinto Scelsi: Trilogia – I tre stadi dell’uomo (1955-1965)

Giacinto Scelsi: Voyages (1974)

Ralph Shapey: Krosnick Soli (1983)

Ralph Shapey: Solo Duo Trio (1999)

Ursula Mamlok: Composition (1962)

Ursula Mamlok: Fantasy Variations (1982)

 

Ab 16 Uhr Café im Garten oder Teilnahme am COOFFEEE Walk* (bitte separat anmelden), Konzert um 18:00. Nach dem Konzert gemeinsames Abendessen.

Eintritt 25€ / erm. 18€ (<18 J.). Wegen begrenzten Platzes sind verbindliche Anmeldungen bis zum 20. September unbedingt erforderlich! Bitte unter 034907 307300 oder info[a]oaksmus.de !

 

Fremdbestimmt, eine Konzertreihe von Matthias Lorenz in den Jahren 2020 bis 2025.

Fremdbestimmt bedeutet:

  • Statt wie bisher die Programme in einem selbst gewählten Rahmen selber auszuwählen, sind dieses Mal 6 Komponisten angefragt, jeweils ein Programm zu entwerfen.
  • Diese Komponisten dürfen nicht einfach ein Lieblingsprogramm aussuchen, sondern sind ihrerseits durch die Vorgabe eines Themas für den Abend festgelegt.
  • Fremdbestimmt schlägt so einen weiten Bogen über 6 Bereiche, die Musik bestimmen – 3 davon eher außermusikalisch, 3 eher innermusikalisch.
  • Fremdbestimmt bedeutet über die 6 Themen hinaus 6 verschiedene Ansätze, wie ein Konzert dramaturgisch gestaltet sein kann.

An der bewährten Form des Solokonzertes mit Kommentaren zu den Stücken hingegen wird sich nichts ändern.

Benjamin Schweitzer als Dirigent  – Foto: privat

Fremdbestimmt Nr. 2 — Werk / Prozess —  kuratiert von Benjamin Schweitzer

Der Gegensatz von „Werk“ und „Prozess“ darf durchaus hinterfragt werden. Jedes einzelne Werk ist immer auch Prozess: Sei es als Partitur (Werk1) aufgrund seiner Entstehungsgeschichte, die niemals „momenthaft“ sein kann und immer Offenheiten und Verzweigungen enthält, auch wenn uns am Ende eine vermeintlich endgültige Version entgegentritt. Doch auch das Werk als klingendes Ergebnis der Probenarbeit (Werk2) ist zugleich abgeschlossen und Prozess. Viele besonders elaborierte, „werkhaft“ vollendete Kompositionen sind in jahre- oder jahrzehntelangen Prozessen entstanden und damit nur eine Auswahl aus dem für die Komposition erstellten, verwendeten, ausgewählten und verworfenen Materialien, und jede noch so „prozesshaft“ offen sich gebende Komposition ist (spätestens) im Augenblick ihrer Aufführung ein „Werk“, auch wenn es sich im Falle etwa einer grafischen oder aleatorischen Komposition nie auch nur ansatzweise reproduzieren lässt. Darüber hinaus ist jedoch das Werk im Sinne des Gesamtwerks einer künstlerisch tätigen Persönlichkeit (Werk3) seinerseits ein Prozess, der die komplette kreative Biographie umfasst und aus dem auch jedes wie auch immer zwingend ausnotierte und abgeschlossen erscheinende Einzel-Werk1 nur ein fragmentarischer Ausschnitt ist.

Auf dieser Dialektik beruht die Programmkonzeption. Sie enthält zunächst einmal jeweils zwei Stücke von den drei ausgewählten Komponistinnen, gewissermaßen als „Stichproben“ oder „Abtastmomente“ des gesamtwerklich-biographischen Kontinuums, als Ausschnitte aus dem Prozess, der sich als Werk3 manifestiert. Dabei schon mag sich möglicherweise der Eindruck einstellen, dass zwischen den frühen und späteren Stücken des vermeintlich prozesshaft in einem großangelegten „Flow“ komponierenden Scelsi größere Unterschiede bestehen als zwischen denen der eindeutiger einer „Werk“-Ästhetik zuzuordnenden Mamlok und Shapey. Dahinter verbergen sich aber noch weitere Nebenaspekte: Scelsi selbst sah sich als Wiedergeburt einer früheren Existenz, mithin seinerseits nur als Teil eines größeren Prozesses. Ursula Mamlok wiederum fand in Ralph Shapey den Lehrer, der sie am besten in jenes (sei es tatsächliche oder vermeintliche) Kontinuum einführen konnte, als das sich die abendländische Musik für uns darstellt, und das im Fall von Mamlok und Shapey über Wolpe, Schönberg, Busoni, Liszt, Beethoven, Bach bis zur frühen Vokalpolyphonie zurückreicht. Shapeys Krosnick Soli ist Teil eines musikhistorischen Prozesses, weil es auch auf die Interpretationsgeschichte, also auf den Werk2-Aspekt, verweist (und Joel Krosnick spielte wiederum die Uraufführung von Mamloks Composition).

Zudem kommen in den Stücken selbst verschiedene Aspekte der Idee von Prozessualität zum Tragen: in der Variationsform (bei Mamloks Fantasy Variations), in der Überlagerung dreier Ebenen oder Einzelwerke zu einem Dritten (in Shapeys Solo Duo Trio) und natürlich in Scelsis Werken, die durch ihre Gestalt postulieren, weder Anfang noch Ende zu haben, und doch natürlich in jeder Aufführung ebenso beginnen und enden müssen wie jede andere Komposition auch. Die Anspielung auf die Lebensalter in Scelsis Trilogia mag als weiterer Verweis auf Prozesse ebenso wie auf abgeschlossene Stadien verstehbar sein (im alten Rom vermochte man bekanntlich die Lebensalter sehr genau in Zwanzigerschritten zu unterteilen).

Die „Gebrauchsanweisung“ für das Programm reflektiert all dies in ihrer Offenheit dahingehend, wie der Cellist mit den Werken und ihren Grenzen umgehen darf bzw. muss – von der strikt in eine Programmfolge mit Pause unterteilten konventionellen Konzertform bis zum durchgehenden Klangband, in dem sich Werkgrenzen nicht mehr unterscheiden müssen, ist alles möglich.

(Benjamin Schweitzer)

 

Matthias Lorenz (*1964 in Bensheim/Bergstraße) studierte in Frankfurt am Main Cello bei Gerhard Mantel und Musikwissenschaft. Sommerkurse machte er unter Anderem bei Siegfried Palm und Wolfgang Boettcher Seit dem Studienende ist er als freischaffender Cellist tätig, hauptsächlich mit zeitgenössischer Musik. Neben die E-Musik – zu der mittlerweile auch Musik mit Live-Elektronik zu rechnen ist – treten dabei immer wieder andere Genres. Randbereiche der Rock- und Popmusik (zusammen mit Albrecht Kunze und Irmin Schmidt), Bühnenmusiken (u.A. für das Frankfurter Ballett), Improvisierte Musik (u.A. mit Günter Baby Sommer). Zu seinem solistischen Spiel sind im Laufe der Zeit zunächst das elole-Klaviertrio (2001) – seit 2018 Neues Klaviertrio Dresden – 2003 das ensemble courage und 2011 die Ostravská Banda hinzugekommen. Als Interpret sieht sich Matthias Lorenz an der Schnittstelle zwischen Komponist und Publikum. Auf der Basis musikalischer Erfahrung und umfangreicher Analyse versucht er, ein Verständnis für die spezifischen Zusammenhänge des jeweiligen Stückes zu entwickeln. In seinen Solokonzertreihen Bach.heute (2007-13), Alte Meister (2014-19) und fremdbestimmt (2020-25) kommentiert er die Kompositionen und ihre Zusammenstellung jeweils ausführlich. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat Matthias Lorenz verschiedene Konzerte live im Onlinestream gespielt und den Musikalischen Online Salon als ein offenes Diskussionsformat entwickelt. Er hängt der Überzeugung an, dass das Verständnis Neuer Musik dadurch gefördert wird, dass wir einerseits die Lebenswelt ihrer Entstehung kennen, andererseits falsche Vertrautheit uns den Zugang nicht verbauen kann. Der Moment der Musikgeschichte, den er bedauert, nicht erlebt zu haben, ist die Uraufführung von Beethovens 1. Sinfonie. https://matlorenz.de

Benjamin Schweitzer (* 1973 in Marburg) studierte nach einem Vorstudium an der HfM Lübeck von 1993-2000 Komposition (bei Wilfried Krätzschmar), Musiktheorie und Dirigieren (bei Christian Kluttig) an der Hochschule für Musik Dresden und bei Paavo Heininen an der Sibelius-Akademie Helsinki sowie von 2015-18 Fennistik in Greifswald und Tartu. Schweitzers Werke werden regelmäßig in ganz Deutschland und im Ausland aufgeführt und gesendet. Renommierte Institutionen (u.a. Siemens Arts Program, Konzerthaus Berlin, Münchener Biennale) und Interpreten erteilten ihm Kompositionsaufträge. Neben Lehr- und Vortragstätigkeit sowie Publikationen zu Themen der Musikästhetik und Analyse erhielt er Einladungen als Dozent zum Kammermusikkurs des Deutschen Musikrates, zur Akademie „Choreographen und Komponisten“ der AdK Berlin, zu Jeunesse Moderne und zur Kompositionswerkstatt Weikersheim. Schweitzer war zudem Mitbegründer und bis 2005 künstlerischer Leiter des ensemble courage (Dresden) und Projektleiter des Festivals „Nordischer Klang“ (Greifswald) 2017. Er bekam zahlreiche Auszeichnungen und Förderungen für seine Arbeit, darunter das Wilfried-Steinbrenner-Stipendium, ein Kompositionsstipendium des Berliner Senats sowie Aufenthaltsstipendien für das Künstlerhaus Stein am Rhein, die „Cité Internationale des Arts“ Paris, das Deutsche Studienzentrum Venedig, den Künstlerhof Schreyahn, das Herrenhaus Edenkoben und die Villa Concordia Bamberg. 2010 wurde er in das EHF-Trustee-Programm der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgenommen. Von 2021-2024 ist Schweitzer als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fennistik der Universität Greifswald angestellt, wo er mit einer Arbeit über die Musikfachsprache des Finnischen promoviert. https://www.benjamin-schweitzer.de

 

*  COOFFEEE Walk Etwas Besonderes in der Saison 2022! Annekatrin Els bietet vor diesem Konzert den beliebten COOFFEEE Walk speziell zur Einstimmung auf ungewöhnliche musikalische Ereignisse in unserer wunderschönen Region an: Beginn 2 Stunden vor Konzertbeginn, Länge ca. 5 km um Jeber-Bergfrieden, COOFFEEE zum Ankommen, gemütliche Wanderung zum Runterkommen und eine Tüte COOFFEEE zum Mitnehmen. Kosten pro teilnehmender Person 15€, Mindesteilnehmendenzahl 3. Anmeldung an ruby[a]cooffeee.com, mehr Infos gibt es auf www.flaemingkind.de .


Die Konzertreihe NEUE MUSIK IM FLÄMING 2022 wird gefördert vom Land Sachsen-Anhalt, dem Musikfonds e.V., dem Landkreis und den Stadtwerken Wittenberg.

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